Borussia in der Krise

Nach der heutigen (22.01.22) Heimniederlage gegen Union Berlin (1:2) ist die Krise unserer Borussia perfekt. Wer bisher angenommen hat, die individuelle Klasse der Akteure auf Spielfeld reiche aus, die Saison mit Anstand zu Ende spielen zu können, ist eines besseren belehrt. Nur die Niederlagen von Stuttgart und Augsburg verhindern, dass die Fohlen hin auf den Relegationsplatz taumeln.

Das Publikum und insbesondere die Fans fragen sich, wie so etwas möglich geworden ist. Das Kader, das regelmäßig Spieler zu Wettbewerben abstellt, an dem Nationalmannschaften von Staaten teilnehmen, wo Gladbacher Akteure Reisepässe von haben, und das im vergangenen Jahr in der Champions League bis in das Achtelfinale vorgedrungen ist, reicht nicht aus, eine Mannschaft zu formen, die normal mithalten kann.

Adi Hütter, der derzeitige Chefcouch der Fohlen, wird sich gefallen lassen müssen, dass seine Arbeit mit einem großen Fragezeichen versehen wird. Aber auch Max Eberl, Sportdirektor, im Erfolgsfall hochgelobt und –angesehen, muss sich natürlich fragen lassen, was ist denn hier passiert?

Max Eberl, Foto Archiv

Die Geschichte fängt möglicherweise schon sehr früh an, nämlich als Dieter Hecking als Trainer der Borussia abgelöst wurde, obwohl er die Mannschaft stabilisiert und in die europäischen Wettbewerbe führte. Er wäre nach eigenem Bekunden gerne geblieben, aber Eberl hatte andere Pläne, holte Marco Rose, und der formte eine Mannschaft, die bis in die Spitzenetage des europäischen Fußballs vordrang. Aber er konnte ihn nicht bei der Elf vom Niederrhein halten, und er ging nach zwei Jahren nach Dortmund, wo er bisher sein Glück fand.

Adi Hütter, der in Frankfurt/M. Erfolgscouch war, weil er eine siegesgewisse Mannschaft auf das Spielfeld schickte, war nur mit einer hohen Ablösesumme nach Gladbach zu bewegen. Hier sollte er ebenso wie in Frankfurt eine Mannschaft formen mit Spielwitz und Durchschlagskraft. Und als er antrat, war im Gladbacher Tageblatt zu lesen: Mit Adi Hütter bekommt die Borussia einen Cheftrainer, der in den letzten zwei Jahren bewiesen hat, dass er eine Mannschaft formen kann. Er hat mit Eintracht Frankfurt ein körperbetontes Team auf die Beine gestellt. Wenn es Hütter gelingt, die Körperlichkeit des Fußballs der Fohlen zu verbessern, könnte deren Ausflug in den Spitzenfußball nicht nur ein solcher gewesen sein.

Das ist nicht gelungen, muss man heute feststellen. Im Gegenteil, es sind auch spielerische Fähigkeiten verloren gegangen. Darüber dürfen das Ausnahmespiel gegen die Bayern im DFB Pokal und das Bundesligaspiel gegen die gleiche Mannschaft nicht hinwegtäuschen. In diesem waren ein paar Minuten spielerische Perfektion ausreichend, um gegen gehandicapte Münchner als Sieger vom Platz zu gehen. Individuelle Klasse ist immer noch da, nur müsste sie in einer halbwegs vernünftigen Mannschaftsleistung münden. Das tut es eben nicht.

Die Süddeutsche Zeitung, deren Wohlwollen gegenüber der Borussia legendär ist, schrieb in einem Bericht aus der PK vor dem sang- und klanglos verlorenen DFB-Pokalspiel gegen Hannover: „Es gibt bei Borussia Mönchengladbach zurzeit nur einen Mann, dem man die Verzweiflung wirklich körperlich anmerkt. Am Tag vor dem Pokalspiel hatte der Sportdirektor Max Eberl in der Pressekonferenz den Eindruck erweckt, als wolle er sich gleich vom Podium stürzen. Der sonst so redselige Niederbayer hatte sich nur ganz wenige Wörter herausgepresst, hatte den Trainer Adi Hütter zwei Mal versehentlich „Dieter“ genannt und machte einen bedenklichen Eindruck.“

Ob Max Eberl da an Dieter Hecking dachte?

Das Problem ist, dass die Folgen des Umgangs mit Corona jetzt erst richtig anfangen evident zu werden. Ein Verein, der Wert auf Betriebswirtschaft legt, die diesen Namen verdient, ist bei stark rückläufigen Einnahmen natürlich ein anderer als der, der meint man könne auch eine ungerade Zahl mal eine gerade sein lassen. Das Theater um Ginter und Zakaria wäre dann wahrscheinlich zu vermeiden gewesen. Kommt noch hinzu, dass ein Plea seit vielen Monaten, man könnte schon sagen, Jahren, nicht mehr das auf den Platz bringt, dass ihm das Engagement bei der Borussia einbrachte und Thuram der damals mit Rose kam, schon seit vielen Monaten kränkelt.

Die Mannschaft, wie sie Hütter vorfand (die eben genannten Akteure sind ja nur ein kleiner Teil von allem), hatte spielerische Qualitäten, die sind verschüttet, sind aber vielleicht wieder freizuschaufeln. Wie kämpferische zu wecken sind, wird vielleicht jemand anderes wissen. 

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