Entsteht so eine liebenswerte Innenstadt?

Wie sich Politik, Verwaltung und interessierte Kreise um die Mittelpunkte im Stadtteil Rheydt kümmerten – zur Berichterstattung geht es hier – so nahm eine ähnlich Gruppierung nun die Hindenburgstraße in den Augenschein und zwar den Abschnitt vom Hbf bis zum Alten Markt. Hier wie da geht es darum, eine lebens- wie liebenswerte Innenstadt zu schaffen, soweit sie noch nicht vorhanden ist.

Wie es in einer Aussendung der Stabsstelle Presse und Kommunikation heißt, führten Oberbürgermeister Felix Heinrichs und Stadtdirektor und Technischer Beigeordneter Dr. Gregor Bonin führten die Gruppe vom Alten Markt bis hin zum Jugendzentrum STEP. Der Einladung des Oberbürgermeisters folgten Leute der Industrie- und Handelskammer, des Einzelhandelsverbands und der Politik. Auch Immobilieneigentümer und Einzelhändler schlossen sich dem Spaziergang und Diskussion an. Die Presse war nicht eingeladen.

Dr. Gregor Bonin
Dr. Gregor Bonin mit einer Visualisierung, Foto: Stadt Mönchengladbach

„Der Handel auf der Hindenburgstraße wird bleiben, aber auch andere Funktionen müssen in den Vordergrund treten, etwa Kultur, Freizeit oder Gastronomie. In unserer Städtischen Gesamtstrategie bündeln wir unter dem Dach der Zentrenstrategie eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie wir diesen Funktionswandel der Innenstädte als Chance nutzen und aktiv gestalten wollen“, erklärt Heinrichs.

„Wir wollen die Hindenburgstraße von einer reinen Einkaufsstraße hin zum einem Innenstadtquartier entwickeln“, sagt Bonin. „Dazu müssen wir den Stadtraum neu denken, attraktive Orte schaffen, die auf unterschiedliche Funktionen ausgelegt sind und die zum Verweilen und Wiederkommen einladen“, so der Stadtdirektor in dem veröffentlichten Text.

Wie das funktionieren und die Leitidee Wirklichkeit werden könnte, diskutierte die Gruppe an den unterschiedlichen Schauplätzen entlang der oberen Hindenburgstraße und setzte sich dabei mit den Visualisierungen von Karres en Brands auseinander, einer Firma die beauftragt ist, städtebauliche Perspektiven zu entwickeln. Der Alte Markt war dabei eine der Stationen. Er soll nach einer Umgestaltung deutlich mehr Aufenthaltsqualität bieten und stärker auf Gastronomie und Events zugeschnitten sein. Wenige Meter abwärts schlummert auf der Hindenburgstraße auf Höhe des ehemaligen Hotels Oberstadt weiteres städtebauliches Potential. Durch einen Abriss mehrere Gebäude könnte hier ein Durchbruch zum international renommierten Museum Abteiberg entstehen. Der Raum, der durch den Gebäudeabriss entstünde, würde an dieser Stelle einen städtebaulichen Fokus auf die Themenfelder Spiel, Sport, Jugend und Kultur ermöglichen.

Der Durchstich würde die Hindenburgstraße zudem an einer weiteren Stelle zum Abteiberg hin öffnen – ein zentraler Gedanke bei der Vision, die Einkaufsmeile zu einem multifunktionalen Quartier weiterzuentwickeln. Und vor allem das weltberühmte Museum  sichtbarer und zugänglicher zu machen. Auch die Krichelstraße und den Sonnenhausplatz als weitere Verbindungsachsen nehmen die Stadtplaner deshalb in den Blick. Beide sollen unter anderem deutlich grüner werden. Der Sonnenhausplatz würde so das Grün des Geroparks über den Hans-Jonas-Park bis hin zur Hindenburgstraße verlängern und ein grünes Band bilden. Wie das wirken könnte, davon sollen schon vor einer dauerhaften Begrünung mobile Pflanzkübel den Stadtbesuchern einen Eindruck vermitteln.

Nur einen Steinwurf entfernt will ein privater Investor mehrere Gebäude gegenüber dem Minto abreißen und einen Hotelneubau realisieren – mit Ladenzeilen im Erdgeschoss und einer Bar auf dem Dach. Das ist allerdings schon einige Jahre Projekt und eine Realisierung ist nicht in Sicht, würde allerdings dem Stadtbild und der Gesellschaft gut tun, hier ein repräsentavies Hotel zu haben, was derzeit weder das Mercure im Umfeld der Kaiser Friedrich hallte, noch das Leonardo in Nachbarschaft zum Geropark sind.

Viele der Vorhaben im Gladbacher Zentrum fußen auf dem „Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept Gladbach und Westend“ (IHEK) und werden aus Mitteln des Städtebauförderprogramms Soziale Stadt finanziert, bei dem die Stadt gerade 62 Millionen Euro für die zweite Förderphase bis 2027 beantragt hat. „Wir bewegen damit viele Steine, aber das erfüllt einen sozialen Zweck“, sagt2 Stefan Sturm vom Quartiersmanagement. Ein Beispiel gibt den Teilnehmenden des Rundgangs der Besuch im Jugendzentrum STEP, für dessen Umbau und Sanierung in der zweiten Förderphase rund vier Millionen Euro vorgesehen sind. Neben einer allgemeinen und energetischen Modernisierung soll mit dem Geld die Aufteilung des Gebäudes optimiert werden. Die hier geleistete Jugendarbeit, die Angebote von Hausaufgabenbetreuung bis hin zu Hip-Hop-Tanzkursen umfasst, könnte dann unter besser geeigneten räumlichen Bedingungen stattfinden.

Wie vielschichtig die Arbeit an der Zukunft der Innenstadt ist, zeigten weiteren Stationen des Rundgangs. In der Marien-Passage besuchte die Gruppe das Geschäft Tonnen Tumult, welches Möbel aus Ölfässern herstellt. In der Wallstraße gab es einen Abstecher zum Queeren Zentrum. Beide haben ihren jeweiligen Standort dank der Netzwerk- und Vermittlungsarbeit des Quartiersmanagements und mithilfe von Mietzuschüssen aus dem Sofortprogramm Innenstadt beziehen können. Auch Herausforderungen wurden an konkreten Beispielen deutlich, etwa wenn ein Gebäudeeigentümer nicht in seine Immobilie investiert.

Ein Lichtblick könnte in dieser Hinsicht das sogenannte Sanierungsrecht werden, das der Stadt mehr Handhabe gibt, private Eigentümer zu Investitionen zu motivieren oder zu veranlassen. Mitte Februar hat der Rat beschlossen, dass die Verwaltung die vorgeschriebenen „Einleitenden Untersuchungen“ für die Anwendung des Sanierungsrechts im Rheydter Zentrum und im Bereich der oberen Hindenburgstraße durchführen kann. In der zweiten Jahreshälfte 2024 werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen erwartet, die dann die Grundlage für formelle Sanierungsgebiete darstellen.

Das alles sollte allerdings nicht die Illusion erzeugen, damit ließen sich so vielschichtige Probleme lösen. Mietzuschüsse und andere Subventionen werden auf Dauer keine Probleme lösen. Das alles steht und fällt mit Prosperität. Wenn es nicht gelingt, den Wohlstand in der Stadt dauerhaft zu vermehren, wird vieles gute Absicht bleiben. Wie schwerwiegend die Probleme sind, möge an einem simplen Beispiel sichtbar werden. Wie gut und schön ein grünes Band von Gero- über den Hans-Jonas-Park bis zum Sonnenhausplatz ist oder die Begrünung der gesamten Hindenburgstraße, um das lebens- und liebenswürdig zu erhalten, bedarf es einer großen Menge an Wasser. Nirgend ist erkennbar, wer das bezahlen kann oder will.

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