Die Wohnungswirtschaft, soweit sie neuen Wohnraum schafft, liegt in Deutschland im Argen. Weder werden die von der Bundesregierung nach ihrer Konstituierung angesagten 400.000 Neubauten, davon 100.000 im sozialen Wohnungsbau in diesem Jahr realisiert, noch ist das für 2024 zu erwarten, wobei das nicht allein von Berlin verschuldet ist. Ganz unschuldig ist man da allerdings nicht, es ist doch nirgendwo erkennbar, dass bürokratische Hemmnisse eliminiert werden, die das Bauen verteuern, im Gegenteil, durch das unglückliche, angesagte „Heizungsgesetz“ wird noch einiges draufgesattelt, abgesehen davon, dass mit üppigen Subventionen Geld ausgegeben wird, das anderswo dringend gebraucht würde, und was den Markt verzerrt.
In Gladbach ist einer der Player, wenn es um neu zu schaffenden Wohnraum geht, die EWMG. In städtischem Besitz erlaubt sie jedes Jahr der Öffentlichkeit einen Blick in ihre Bücher, so am 10.06.23. Dabei baut sie in de Regel nicht selbst – Ausnahme Rheydter Hauptbahnhof – sondern ebnet den Weg, damit die Bauträger bauen können. Der Blick in ihre Bücher gibt allerdings Aufschluss, wie es um die Bestehen könnte, die bauen, z.B. die Kreis- und Wohnbau, private, aber auch genossenschaftlich organisierte Wohnungsbaugesellschaften. So gibt die Entwicklungsgesellschaft zugleich auch einen Einblick in das Marktgeschehen der Vitusstadt.
Es hat es sich ja schon herumgesprochen, dass die Immobilienbranche in schwierigem Fahrwasser agiert. Die Inflation – verursacht durch einen exorbitanten Geldüberhang -grassiert, Energiekosten sind explodiert, Material und Arbeitskräfte sind knapp. Um die Sache in den Griff zu bekommen, erhöht die EZB die Zinsen, was Kredite verteuert, gleichzeitig die Nachfrage dämpft.
Aus dem Jahr 2022 ist die Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach (EWMG) noch ziemlich ungerupft heerausgekommen. Die Umsatzerlöse lagen im Jahr 2022 mit 16 Mio. € über Vorjahresniveau (2021: 12,4 Mio. €), allerdings knapp 2,5 Mio. € unter Plan. Das Geschäft mit Vermietung und Verpachtung blieb mit prognostizierten 4,7 Mio. € im Vergleich zum Vorjahr konstant (2021: 4,5 Mio. €). „Die Krise im Immobiliensektor führt bei der EWMG zu Einbrüchen bei der Wirtschaftlichkeit“, erläutert Dr. Ulrich Schückhaus, Vorsitzender der EWMG-Geschäftsführung. „Wir konnten die geplanten Verkaufserlöse nicht im vollen Umfang erzielen, auch das Transaktionsvolumen der An- und Verkäufe ging im Vergleich zum Vorjahr um knapp 3 Mio. € zurück. Aufgrund der hohen Kosten und Unsicherheiten in der Baubranche stellen Investoren ihre Projekte „on hold“; private Häuslebauer ziehen ihr Gebot zurück.“ Ungerupft heißt, es wird ein bescheidenes negatives Betriebsergebnis in Höhe von rund 400.000 € eingefahren, aber Jahresüberschuss von 2,1 Mio. €, dank einer üppigen NEW-Dividende.
Wohnungsbau in Mönchengladbach ist natürlich Wohnungsbau in dem eingangs geschilderten Umfeld. Die in der Entwicklung befindliche Seestadt kommt in die Gänge. Die ersten 248 Wohnungen an der Lürriper Straße sind gebaut und Mieter eingezogen, der zweite Bauabschnitt, der sich an der Breitenbachstraße orientierten wird, folgt. Die Wohnentwicklungen inklusive öffentlich gefördertem Wohnraum an der Waldhausener Straße und im Croonsquartier nehmen Fahrt auf. „Das sind gute Nachrichten und wichtige Zeichen für Mönchengladbach in schwierigen Zeiten. Wir setzen alles daran, die geplanten Projekte weiter voranzutreiben, denn wir brauchen private und gewerbliche Investoren, um Wohnen für alle in der Stadt zu schaffen“, sagt Janann Safi, Aufsichtsratsvorsitzender der EWMG.
Private Bauherren kamen im vergangenen Jahr in zwei Baugebieten zum Zuge. Mit dem zweiten Bauabschnitt in Bettrath und dem Baugebiet Kruchenstraße in Giesenkirchen wurden knapp 50 Grundstücke vermarktet. Bis auf sieben Reservierungen an der Kruchenstraße und eine in Bettrath sind alle Flächen verkauft. Ende 2023 folgen weitere Baugrundstücke in Venn (Baugebiet Hamerweg/Stationsweg). In Reihen- und Mehrfamilienhäusern werden ca. 100 Wohneinheiten realisiert. Im Sommer starten hier zudem die Baumaßnahmen für den zentralen Spielplatz für den Stadtteil Venn.
Für 2024 ist die Vermarktung der bis zu 15 Einfamilien- und Doppelhausgrundstücke im Los 1 des REME-Areals geplant. Ehe das allerdings realisiert werden kann, dürfte noch einiges Wasser die Niers hinunterlaufen.
Am Mönchengladbacher Bahnhof entsteht bis Ende 2024 der neue ZOB (Zentrale Omnibus-Bahnhof). Hier entsteht ein moderner, leistungsstarker und bedarfsgerechter Mobilitätshub. „Das ist ein wichtiger Schritt, um den Europaplatz als Ganzes neu auszurichten und damit gerade an dieser prominenten Stelle Stadtreparatur zu betreiben“, sagt Stadtdirektor Dr. Gregor Bonin. Dass er hier zum Projekt der 19 Häuser angesprochen wird, liegt auf der Hand. Hier befindet sich die Stadt im Dissens mit dem Düsseldorfer Investor BEMA. Der will sich nicht in die Pflicht nehmen lassen, die Felder 1 und 2 so zu bebauen, wie vereinbart und nachdem die dort befindlichen leerstehenden Gebäude abgebrochen wurden. „Unser Ziel ist es nach wie vor, den seinerzeit gekürten Entwurf des Hamburger Büros KBNK Architekten umzusetzen“, so Dr. Bonin. Denkbar seien sowohl getrennte Entwicklungen auf den städtischen (Felder 3 und 4) und den BEMA-Flächen als auch die Realisierung aus einer Hand durch einen Dritten. Dafür müssten dann die Flächen, die jetzt dem Düsseldorfer Investor gehören, erworben werden. In Regress kann die Stadt die Düsseldorfer nicht nehmen, obwohl sie normalerweise zu Schadenersatz verpflichtet wären. „Warum?“, wollte das Gladbacher Tageblatt vom ersten Beigeordneten und Stadtdirektor auf der Pressekonferenz wissen. Die Antwort von Gregor Bonin: Es gibt keinen Vertrag mit der BEMA, die hat sich erfolgreich vor einer Unterschrift gedrückt.
Wir kommen auf die PK der EWMG noch einmal zurück.