Dr. Marion Roehmer, Archäologin und Spezialistin für Rheinisches und Siegburger Steinzeug, hat sich mit den Tischsitten der Kölner Erzbischöfe auf Burg Friedestrom in Zons beschäftigt, wobei sie die Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert anschneidet. Im aktuellen Jahrbuch des Rhein-Kreisess Neuss hat sie dazu einen ausführlichen Artikel veröffentlicht.
Erzbischof Friedrich von Saarweden verlegte 1372 die Zollstelle für den Rheinzoll von Neuss nach Zons und ließ die Burg errichten, deren Vorgängerin ungefähr 100 Jahre zuvor nach der Schlacht von Worringen geschleift worden war. Diese Schlacht, an der Akteure weit über die Region hinaus beteiligt waren, führte nicht zur vollständigen Änderung des Machtgefüges, aber es sortierte sie doch ein wenig neu, stutzte vor allem die Machtfülle der Kölner Erzbischöfe, die ihren Einfluss in Westfalen verloren und Neuss in andere Einfluss-Sphären driften ließen.
Wie nun hielt man sich in dieser Zeit an einer fürstbischöflichen Tafel auf? Die Autorin versucht eine Rekonstruktion und greift dabei auf Ausgrabungen zurück. Hier wurde sie fündig, wenn auch nicht umfassend, denn das Gesinde nahm die Gegenstände des täglichen Bedarfs nach den jeweiligen Aufenthalten wieder mit nach Köln, Poppelsdorf oder Brühl, je nachdem, wo sich die Herrschaft danach aufhielt. Von dem was da blieb, möglicherweise nicht mehr ganz brauchbar, wurde einiges ausgegraben und diente der Rekonstruktion – ebenso wie Gemälde, vorwiegend niederländischer Maler, von denen einige zur Illustration des Beitrags beitrugen. Die Autorin macht allerdings darauf aufmerksam, dass es sich hier um Auftragsarbeiten handelt und nicht um Widergabe einer Szene, wie das später bei Fotografien der Fall war.
Ergiebiger zur Rekonstruktion sind da „Tischzuchten“, Benimmregeln für Anwesende an der Tafel des Gastgebers. Es handelt sich hierbei um so etwas wie Litaneien, wie sie im kirchlichen Raum üblich waren, in Reimform und leicht zu merken. Sie muss es wohl auch in lateinischer Sprache gegeben haben, was dann nach dem 15.Jahrundert zu Ende ging. Mit der Erfindung des Buchdrucks wurden sie weit verbreitet und verloren gleichzeitig an Bedeutung, sobald sich eine städtische Kultur und Zivilisation entwickelte.
Entstanden sind die Zuchten im 8. Und 9. Jahrhundert, in der karolingischen Zeit, als sich eine Hofkultur im beginnenden Hl. Römischen Reich Deutscher Nation entwickelte
Wie war es denn bei Erzbischofs zu Tisch auf Burg Friedestrom?
Die Autorin hat herausgefunden: Ein Festmahl mit dem Erzbischof selbst als Gastgeber bedeutete für ihn einen eigenen Tisch, an dem nur wenige hochrangige Gäste oder Verwandte an der selben Tischseite Platz nahmen, das aber erst nach ausführlich Gebeten und Segenswünschen. Gegessen wurde mit den Händen, Messer kamen später in Mode, Gabeln im Rheinland erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Im Laufe des Banketts wurden unterschiedliche Gänge serviert, wobei das Trinken eine eigene Abteilung war. Getrunken wurde aus einem Gefäß das reihum ging. Etwas was sich bis in die Neuzeit gehalten hat, beim Stiefeltrinken in geselliger Runde.
Ein Apfel wurde nie von einem Tischgast allein gegessen, vielmehr hälftig oder geviertelt, mit Tischnachbarn geteilt. Strittig ist, weshalb das Sitte war, die Angst vor Vergiftung könnte ein Motiv gewesen sein.
Die Sitte, am Tisch des Erzbischofs gemeinsam aus einem Gefäß zu trinken verlor sich im 15. Jahrhundert, als mehrere Becher begannen, den Tisch zu bevölkern. Was das mit den erwähnten Ängsten machte, bleibt unerörtert, kein Wunder, die Autorin erwähnt es nicht und dem Autor dieser Zeilen ist es nicht bekannt.