Finanzschwache Kommunen, zu denen Mönchengladbach gehört, machen wieder einmal auf das Problem der Altschulden aufmerksam. Das sind Kredite, die von der Stadtverwaltung vor vielen Jahren aufgenommen wurden, um den Verpflichtungen gegenüber den Einwohnern nachzukommen, deren Geldwert nicht durch Steuereinahmen oder Gebühren ausgeglichen werden konnten. Im Jahr 2020 beliefen sich diese auf ca. € 1 Mrd. In den guten Jahren bis 2019 wurden sie jährlich um ca. € 60 Mio. abgetragen. Doch die guten Jahre sind seit Corona vorbei, und inzwischen sind auf Schulden wieder Zinsen zu zahlen, so dass es heute mehr als € 1 Mrd. sind, die den Spielraum der Stadtverwaltung einengen.
Seit mehr als zehn Jahren kämpft ein Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, dem auch die Vitus-Stadt angehört für eine Lösung des Problems. Leider ohne wesentlichen Erfolg.
Neuste Nachrichten des Bundesfinanzministeriums sagen, es gibt im Bundestag und Bundesrat keine Mehrheit für eine Altschuldenregelung für die betroffenen Kommunen. „Der Bund lässt die Städte und Gemeinden in ihrer Not und einer sich extrem zuspitzenden Phase allein – und das, obwohl die Bundesregierung im Koalitionsvertrag eine Altschuldenlösung versprochen hat“, so die Sprecher des Bündnisses „Für die Würde unserer Städte“.

Für Gladbachs Stadtkämmerer Michael Heck, der die Stadt im Bündnis vertritt, ist die Nachricht eine herbe Enttäuschung: „Die von der Landesregierung unter Beteiligung den Bundes avisierte Altschuldenregelung sollte den Kommunen, die in der Vergangenheit unverschuldet aufgetürmten Schulden nehmen, finanziellen Spielraum schaffen und zukünftige Neuverschuldung verhindern. … . Sollte der Bund die Kommunen ohne einen nachhaltigen Beitrag zur Altschuldenlösung mit der Umsetzung dieser Aufgaben alleine lassen, wäre das eine herbe Enttäuschung und ein großes Umsetzungsrisiko.“
Die betroffenen Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen haben in der Zeit von 2016 bis 2023 aus eigener Kraft € 6,9 Mrd. der Altschulden getilgt, weil Einsparungen erfolgten und Abgabenerhöhungen. Diese Anstrengungen verpuffen jetzt.
Wie groß diese Not ist, zeigt die jüngste Berechnung des Aktionsbündnisses. Danach mussten Städte und Gemeinden bundesweit im ersten Halbjahr 2024 rund € 2,4 Mrd.neue Kassenkredite aufnehmen. Ohne die Wirkung eines Entschuldungsprogramms, das in Rheinland-Pfalz aufgelegt wurde, und das € 949 Mio. umfasste, hätte der Kreditzuwachs € 3,34 Mr. betragen.
Kommunen aus NRW haben sich mit € 1,7 Mrd. neu verschuldet.
Die Ursache für die verschärfte kommunale Finanzkrise ist beim Bund und bei den Ländern zu finden. Sie delegieren nach wie vor Aufgaben an die Städte und Kreise, ohne dabei den tatsächlichen Aufwand auszugleichen. Das ist natürlich auch durch die weiterhin ungebremste Zuwanderung verursacht. Die Kommunen müssen Kredite aufnehmen, um Aufgaben zu erfüllen, die Bund und Land ihnen übertragen haben. Das Geld fehlt dann, um vor Ort in Straßen, ÖPNV, Kitas und Schulen sowie Digitalisierung und Klimaschutz zu investieren. Die Konsequenzen sind spürbar. Die Kommune als erste Ebene des Staates verliert Handlungsfähigkeit. Das erzeugt Unmut. Den bekommen insbesondere die zu spüren, die vor Ort Verantwortung tragen.
Michael Heck zu den finanziellen Auswirkungen in Mönchengladbach: „… selbst bei einer Minimallösung, bei der den Kommunen nur die vollständige Zinslast der bisher aufgelaufenen Liquiditätskredite abgenommen worden wäre, würde das für das Stadt Mönchengladbach eine spürbare Ergebnisentlastung von jährlich rund € 15 Mio. bedeuten.“
Die meisten Bundesländer mit hoch verschuldeten Kommunen haben bereits den ersten Schritt gemacht und die Betroffenen entschuldet. Nordrhein-Westfalen hat im Juni einen Vorschlag für eine ähnliche Regelung vorgelegt, die allerdings auf Eis liegt, denn die guten Zeiten sind ja erst einmal vorbei.
„Für die Würde unserer Städte“ schlägt vor: Jedes Ministerium halbiert die Zahl seiner Förderprogramme. Das Geld, das so nicht verteilt wird, kommt in einen Topf. Die Mittel aus diesem Topf werden pauschal an die Kommunen vergeben, wobei Bedürftigkeit bei der Verteilung ein wesentlicher Faktor ist. Die Programme, die bestehen bleiben, müssen radikal vereinfacht werden, unter anderem indem man die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt.
Hintergrund des Vorschlags: Förderprogramme sind häufig ineffektiv. Geld wird nicht abgerufen oder gerät in die falschen Hände, z.B. in die von Kommunen, die es eigentlich gar nicht brauchen.
Zur Vorberichterstattung geht es hier